Dienstag, 28. Februar 2012

Hut "Handmade in Germany" bei Wegener


Feiner, mittelgrauer Haarfilz, auf Wunsch weich verarbeitet
(Foto: Bernhard Roetzel)

Die elegant geschwungene Krempe ist mit Ripsband eingefasst
(Foto: Bernhard Roetzel)

Tadelloses Innenleben mit Satinfutter und Lederschweißband
(Foto: Bernhard Roetzel)

Zu Recht in goldenen Lettern: Der Hinweis auf die Handfertigung in Deutschland
(Foto: Bernhard Roetzel)

Ich hatte schon länger nach einem grauen Homburger zum Straßenanzug gesucht. In den von mir üblicherweise besuchten Hutläden in Berlin waren jedoch meistens nur braune oder schwarze Exemplare vorrätig, z. B. das Modell Saks von Stetson bei Kleemann Hüte in der Schönhauser Allee oder der Homburger von Mayser. Bei Kranemann (ebenfalls in der Schönhauser Allee) gab es zwar einen grauen Homburger von Wegener, leider nicht in meiner Größe. So entschied ich mich für eine Einzelbestellung direkt bei Wegener. Ich konnte verschiedene Muster probieren, um die richtige Größe herauszufinden. Dann wählte ich aus Stoffproben den gewünschten Grauton und legte die Details der Innenausstattung fest. Wenige Wochen nach der Bestellung wurde der Hut geliefert. Keine Maßanfertigung im Sinne eines individuell entworfenen Unikats, dafür aber Maßkonfektion - in Deutschland handgemacht aus feinsten Materialien und exakt nach Wunsch.

Montag, 27. Februar 2012

Abends beim Konzert

"Black tie" ist die korrekte Wahl für viele Abendanlässe. Leider ist dies weithin unbekannt (Foto: Bernhard Roetzel)


Konzertabend in einem Kirchenbau in Berlin. Ziehe ich den dunklen Anzug an oder den Abendanzug? Ich entscheide mich für den Abendanzug. Als ich den Zuschauerraum betrete, bietet sich das übliche Bild. Frauen und und unrasierte Männer in allen Varianten von Freizeitkleidung. Pullover, Anoraks, Fleecejacken. Jeans in Blau und Schwarz. Bergstiefel und Turnschuhe. Lediglich einige ältere Mütterchen zeigen einen Ansatz von Festlichkeit durch schwarze Rollis oder schwarze Hosen. Zwei oder drei junge Mädchen, die Beine im Sitzen verknotet, tragen den üblichen Mainstreamschick von H & M oder Zara. Meine Aufmachung erregt kaum Interesse. Man schert sich in Berlin nicht darum, was andere anziehen. Nun betritt der Musiker den Saal. Interessanterweise hat er für den Abend den Frack gewählt. Anscheinend meint er, den Anlass auch durch seine Kleidung ehren zu müssen. Nichts anderes wollte ich tun.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Schlupfmuster

Die Wahl des richtigen Schlupfmusters ist ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur guten Passform.  Hier  testet Scabal-Maßschneider Thomas Rennings den Sitz eines einreihigen Modells der handgemachten Serie "No. 12" (Foto: Holger Gustav Meyer, Savile House Frankfurt)


Die meisten Maßkonfektionäre arbeiten mit Schlupfmustern, also Sakko- und Hosenmodellen in verschiedenen Konfektionsgrößen. Dies erleichtert die Arbeit ungemein, denn Verkäufer und Kunde bekommen schon vor der endgültigen Bestellung einen recht genauen Eindruck vom Look des später fertiggestellten Kleidungsstücks. 


Die Größe des Schlupfmusters sucht in der Regel der Verkäufer aus, damit trifft er eine wichtige Vorentscheidung. Die wenigsten Kunden würden dem Verkäufer dabei reinreden wollen und die Masse der Männer könnte dies auch gar nicht. 


Wer eine genaue Vorstellung von seinem Kleidungsstück hat, sollte dennoch überlegen, ob dessen Schnitt daraus entsteht, dass ein zu großes Schlupfteil kleiner und enger gemacht wird oder ob ein eher stramm sitzendes Schlupfteil an einigen Stellen verbreitert und verlängert wird. Es kann also nicht schaden, verschiedene Schlupfteile zu probieren. 

Dienstag, 21. Februar 2012

Anprobe muss sein

Maßkonfektion macht Anproben nicht überflüssig, sie verschiebt lediglich den Zeitpunkt der Änderung (Foto: Bernhard Roetzel)

Die Anbieter von Maßkonfektion betonen gern, dass der Kunde bei Ihnen im Vergleich zur handwerklichen Maßschneiderei wegen der bei der industriellen Fertigung nicht nötigen Anproben viel Zeit spart. Sie verschweigen dabei, dass die vorher nicht aufgewendete Zeit oftmals später, also beim fertigen Kleidungsstück, für Änderungen wieder draufgeht. 


Ich glaube, dass Anproben bei jeder Art von Maßanfertigung empfehlenswert sind. Auch und gerade bei der industriellen Variante, da sie nicht selten von Leuten an den Mann gebracht wird, die nur oberflächliche Kenntnisse besitzen. Und selbst wenn die Leute wirklich qualifiziert und erfahren sind, kann die Passform bei einer Anprobe in aller Regel noch verbessert werden. Ich habe es jedenfalls noch nie erlebt, dass ein Kleidungsstück vom Maßkonfektionär ohne Anprobe bzw. ohne nachträgliche Änderung zufriedenstellend sitzt. Selbst dann, wenn von Experten Maß genommen wurde. 

Samstag, 18. Februar 2012

Bunte Hosen

Im April 2003 in München. Damals hatte ich die grünen Kordhosen schon drei Jahre im Gebrauch

Es muss etwa zwölf Jahre her sein. Bei Cordings of Piccadilly erstand ich eine Kordhose in "Emerald Green". Als ich sie das erste Mal in Deutschland trug, erntete ich Unverständnis: "Sie haben doch dieses Buch über den klassischen Stil geschrieben. Und dann tragen Sie solche Hosen?" Nur Fans des Sloane-Ranger-Looks verstanden die grüne Kordhose. Seit dieser Zeit hat sich viel geändert. Bunte Beinkleider gibt es an jeder Ecke. Der Käufer des "mittelmodischen" Sortiments (dieser Begriff wird tatsächlich im Einzelhandel verwendet) hat zwar immer noch nicht verstanden, warum solche Beinkleider zu Sportsakko, Blazer oder Pullover passen, dafür trägt die trendbewusste Jugend sie inzwischen mit größter Selbstverständlichkeit. Deswegen bleiben meine fliederfarbenen, roten, grünen, himmelblauen, weizengelben und blassrosa Kord- und Moleskinhosen erstmal im Schrank. Wenn jeder solche Farben trägt, möchte ich nicht mehr damit gesehen werden. 

Freitag, 17. Februar 2012

Stoffauswahl

Weiß ist immer noch die beliebteste Farbe für Businesshemden (Foto: Erill Fritz)


Neulich bei einem Anbieter von Maßkonfektionshemden. Ein Mann betritt den Laden und äußert den Wunsch nach einer hellblauen Ware. Der Verkäufer holt die Bündel und fängt an, passende Qualitäten herauszusuchen. Da die Stoffe nicht nach Farben geordnet waren, dauerte das ziemlich lang. Man konnte sehen, wie bei dem Kunden die Kauflust angesichts der Blätterei immer mehr nachließ. Am Ende verließ er den Laden, ohne etwas geordert zu haben. 


Bei Charvet in Paris werden die Stoffe nach Farben und Muster geordnet dargeboten. Das beeindruckt den Kunden, denn er sieht auf einen Blick, wie viele Schattierungen es z. B. von Weiß, Hellblau, Rosa oder Aprikose gibt. Und der Verkäufer kann viel schneller die Stoffe herausgreifen, die er für richtig hält. Die meisten Herrenausstatter müssen mit Stoffbündeln auskommen, wenn die aber besser sortiert wären, würde das die Prozedur meines Erachtens für den Verkäufer erleichtern und für den Kunden attraktiver machen.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Krawattenklammern

Die Krawattenklammer mit lustigem Motiv ist vielen suspekt, nur wenigen ist aber ihr Zweck bewusst (Foto: Bernhard Roetzel)

Die Krawattenklammer ist umstritten. Die einen halten sie für ein nützliches und dekoratives Accessoire, andere verachten sie als Ausdruck spießigen Ordnungswahns. Tatsächlich geht es um die Frage, ob der Langbinder auf der Hemdbrust ein Eigenleben führen darf oder ob er an dem Platz bleiben soll, an dem ihn sein Träger mit Hilfe der Krawattenklammer befestigt hat. 

Diese Frage muss jeder für sich beantworten. Wichtig ist vor allem die Tatsache, dass dies der Sinn der Krawattenklammer ist. Sie soll verhindern, dass die Krawatte verrutscht. Deshalb wird sie so gut als möglich unter dem Sakko verborgen, also möglichst weit unten angebracht. Beim Einreiher ist sie dann zwar dennoch zu sehen, unter den Revers des Doppelreihers bleibt sie dagegen unsichtbar. 
Dieser eigentliche Sinn der Krawattenklammer ist weithin unbekannt, die meisten Männer halten sie für ein Schmuckstück und platzieren sie deshalb gut sichtbar in Brusthöhe. 

Ich finde es nicht schlimm, wenn der Binder mal verrutscht. Allerdings kann ich verstehen, dass manche Männer, die in der Öffentlichkeit stehen und viel fotografiert werden, ihren Binder lieber fixieren. Und wer verrutschende Krawatten nicht mag und Krawattenklammern auch nicht? Der muss Schleife tragen.

Montag, 13. Februar 2012

Sakko und Hose: Der kombinierte Anzug

Der kombinierte Anzug ist der Casuallook des Gentleman (Foto: Belvet)

Eine Leserin fragte mich heute per E-Mail, zu welchen Anlässen der kombinierte Anzug getragen werden kann. Da diese Frage häufiger gestellt wird, mache ich meine Gedanken zu diesem Thema öffentlich.


Der kombinierte Anzug aus Sakko oder Blazer plus einer Hose aus kontrastierenden Stoff ist grundsätzlich als leger zu betrachten. Er ersetzt also nicht den Anzug, wenn der Anzug die richtige Wahl wäre, z. B. im Büro oder beim Theater- oder Opernbesuch.


Der kombinierte Anzug passt bei allen Anlässen und Gelegenheiten, bei denen der "normale" Mann Freizeitkleidung trägt, also im Alltag außerhalb des Büros. Ein Herr ist mit Sakko und Hose nicht "overdressed", die anderen sind "underdressed".


Zu dem kombinierten Anzug gehören nach meinem Geschmack auch Oberhemd und Krawatte. Das sehen viele Leute anders. Sie tragen zur Kombination ein offenes Hemd mit oder ohne Pullover, ein Polohemd, einen Rollkragenpullover oder ein Oberhemd mit einem Schal.


Der kombinierte Anzug passt bei allen privaten Einladungen ohne Dresscodeangabe (zu Deutsch Bekleidungsvorschrift) sowie bei kulturellen und kommerziellen Veranstaltungen am Tage oder am Wochenende, z. B. Vernissagen, Lesungen, Kunstauktionen oder Weinproben.

Freitag, 10. Februar 2012

Was auf die Ohren

Ohrenschützer: Nicht sexy. Aber effektiv (Foto: Bernhard Roetzel) 

An richtig kalten Tagen trage ich vorzugsweise eine Pelzmütze. Es gibt jedoch Anlässe, bei denen ich trotz Kälte lieber einen Hut aufsetze. Und die Ohren? Der hochgeklappte Mantelkragen kann sie ein wenig gegen Rückenwind schützen, viel mehr leistet er jedoch nicht. Den Schal über die Ohren zu ziehen, wäre da schon effektiver, man sieht dann aber aus wie jemand, der an Zahnschmerzen leidet. Was bleibt da noch außer den altmodischen Ohrenschützern aus dem Hutladen? Sie sehen zugegebenermaßen nicht besonders cool aus (was ich verschmerzen kann), manch einer würde sie sogar schlicht als lächerlich bezeichnen und lieber an den Ohren frieren, als so etwas darüber zu klappen. Ich ziehe es vor, keine Erfrierungen an den Ohren zu erleiden. Was andere Leute über meine Kleidung denken ist mir ohnehin relativ gleichgültig. Und lächerlicher als Galoschen sehen Ohrenschützer auch nicht aus.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Rauleder: Der Schuh für Kenner

Raulederschuhe haben viele Vorteile. Sie sind pflegeleicht, unempfindlicher gegen Staub als dunkle Schuhe aus Glattleder und ihre Oberfläche harmoniert mit glatten wie flanelligen Stoffen. In der Garderobe eines Gentleman fehlen sie deshalb selten. 

Rötlichbraunes Rauleder: Meines Erachtens ist es am vielseitigen einsetzbar. Meine Lieblingskombination zu grauem Flanell im Winter und zu Chinos im Sommer (Foto: Crockett & Jones)

Der Chukkaboot in Dunkelbraun: Die Standardwahl zu allen winterlichen Hosen, passt aber auch zum sommerlichen Khakibeinkleid (Foto: Crockett & Jones)

Der Fullbrogue in Dunkelbraun: Schön zu grauen Flanellhosen und Marineblazer. Passt im Herbst auch zu dunklerem Glencheck aus Schurwollstoff (Foto: Crockett & Jones)

Der elegantere Schlupfschuh für den Sommer. Nicht zu weit ausgeschnitten, dadurch sitzt er gut am Fuß und zeigt nicht zu viel von farbigen Strümpfen (Foto: Crockett & Jones)

Monks tragen sich am besten mit ganz schmalen, kurzen Hosen oder aber sehr weiten Beinkleidern. Ansonsten verhakt sich die Schnall dauernd im Hosensaum (Foto: Crockett & Jones)

Helleres Nussbraun passt genauso gut zu pastelligen Sommertönen  wie zu gedeckteren Tweeds und Flanell im Herbst (Foto: Crockett & Jones)

Dienstag, 7. Februar 2012

Derbe Typen: Veldtschoen-Schuhe

Schuhe, die nach der Veldtschoen-Methode gefertigt wurden, trotzen effektiv der Nässe  (Foto: Crockett & Jones)

Es muss 1988 gewesen sein, dass ich in einem Londoner Schuhladen auf einen schweren Derby aufmerksam wurde. Zunächst erregte seine dicke Profilsohle mein Interesse, denn ich suchte einen Schuh für Spaziergänge auf dem Land und den Einsatz auf Schneematsch. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass das Oberleder nach außen gebogen worden war, bevor es mit Rahmen und Laufsohle vernäht wurde. Von dem Verkäufer erfuhr ich, dass der Schuhe nach Veldtschoen-Methode gefertigt war, einer in Großbritannien beliebte Machart für Sportschuhe. Sie hat den Vorteil, dass der Regen nicht so schnell ins Innere des Schuhs eindringen kann, da er zunächst über das Oberleder abtropft. Trotzdem sind diese Schuhe leider nur schwer zu bekommen. Auf Nachfrage erklärten mir mehrere Hersteller aus Northampton, dass sie die entsprechende Maschine nicht besitzen. Crockett & Jones gehört zu den wenigen Lieferanten, die verschiene Veldtschoen-Modelle im Programm haben. Sie sind übrigens auch eine gute Wahl für nicht allzu lange Wanderungen. Stilvoller als das meiste, was im Outdoorladen zu haben ist, sind sie auf jeden Fall.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Zweireiher mit Weste

Simon Cundey (links im Bild) zeigt in der Werkstatt von Henry Poole & Co. in London den maßgefertigten Tweedmantel eines Kunden (Foto: Bernhard Roetzel)

Meine Vorliebe für Zweireiher ist bekannt. Ich schätze dieses Modell aus mehreren Gründen, vor allem aber, weil es seinem Träger mehr Präsenz verleiht und stets sehr vornehm wirkt. Nur wenige wissen, dass der Zweireiher bis in die frühen 1960er sehr häufig mit Weste geordert wurde. Dies hatte zwei Hauptgründe. 1) waren die Innenräume damals wesentlich weniger geheizt  und 2) fühlte sich viele Herren ohne Weste einfach nicht korrekt gekleidet, wenn sie im Büro die Anzugjacke zwecks ihrer Schonung ihres Stoffs ablegten. Simon Cundey, Sohn des langjährigen Chefs Angus Cundey, trug während unseres Zusammentreffens Zweireiher mit Weste. Eine Kombination, die ich nach wie vor für zweckmäßig halte und für im besten Sinne unmodisch.